Energieeffiziente Nutzung von Großgebäuden – eine ingenieurtechnisch anspruchsvolle Aufgabe

Hochschule - Fakultäten - Angewandte Naturwissenschaften, Energie- und Gebäudetechnik

Für viele Autofahrer ist es eine häufige Erfahrung, dass ihr Fahrzeug mehr Kraftstoff verbraucht als es dem Normverbrauch entspräche, den die Hersteller angeben. Das liegt nicht etwa daran, dass ihr Auto eine „energietechnische Mogelpackung“ wäre, sondern hängt mit der Lust am schnellen Fahren zusammen, der man ganz gerne frönt. Wer sich maßvoll fortbewegt und eine Reihe von Energiespartipps beherzigt, der schafft durchaus die niedrigeren Verbrauchsangaben der Hersteller.

Ähnlich ist es bei der Nutzung von Gebäuden: Auch dabei kommt es auf ein besonnenes, energietechnisch sinnvolles Verhalten an. Dass der effiziente Betrieb eines Großgebäudes komplexer ist als das Steuern eines Autos, wurde beim Vortrag „Energieeffizienz im Gebäudebetrieb – eine Lücke zwischen Planung und Betrieb?“ von Prof. Dr.-Ing. Robert F. Grob deutlich, der am 14. April 2021 beim Kolloquium Gebäude Energie Umwelt der Hochschule Esslingen gehalten wurde.

Planungsingenieure - Ihre Aufgaben und Ziele

Inzwischen gibt es strenge gesetzliche Vorgaben und Verordnungen, die einen möglichst energiesparenden Betrieb von neuen Gebäuden zum Ziel haben. Diese werden von den Planungsingenieuren und den Anlagenbauern mithilfe von innovativen, technisch anspruchsvollen Anlagenkonzepten umgesetzt. Allerdings zeigt sich im späteren Betrieb immer wieder, dass der Energieverbrauch im realen Betrieb den geplanten Energiebedarf teilweise erheblich übersteigt.

Diese „Effizienzlücke“ zu beheben ist ein wichtiges Ziel. Dabei kommt es darauf an, eine Brücke zu schlagen zwischen der Gebäudeplanung und dem späteren Gebäudebetrieb. Bei der Planung geht es vor allem um das Auslegen und Bemessen der Gebäudetechnik sowie um das Ausschreiben der einzelnen Komponenten. Die Planungsingenieure kümmern sich darum,  die Leistungsfähigkeit der Anlagen sicherzustellen, den Kostenrahmen einzuhalten, die Installation der Anlagentechnik zu begleiten und das technische Funktionieren beim Inbetriebsetzen sicherzustellen.

Dann wird das Gebäude dem Betreiber übergeben. Dieser hat sich um den sinnvollen Betrieb und um die Erhaltung der Technik zu kümmern, die Betriebssicherheit zu gewährleisten, Störungen zu vermeiden, die Nutzerzufriedenheit sicherzustellen sowie die Anlagen und Anlagenkomplexe effizient zu fahren. Und nicht zuletzt geht es dem Betreiber um die Begrenzung der Betriebskosten und um den betrieblichen Umweltschutz.

Während beim Erstellen von Energiekonzepten der Jahresenergiebedarf – ausgedrückt in Kilowattstunden - meist über Simulationen zumindest abgeschätzt wird, hat der Planungsingenieur  vor allem die passenden Leistungen der Anlagen im Blick – ausgedrückt in Kilowatt. Dagegen muss sich der Betreiber hinterher um den Energieverbrauch in der Betriebszeit  kümmern – wieder ausgedrückt in Kilowattstunden.  

Betriebsanlagen richtig planen

Wie kann der Planungsingenieur von Vornherein die Anliegen des Betreibers berücksichtigen? – Prof. Dr.-Ing. Robert Grob berichtete dazu - gestützt auf seine jahrelangen beruflichen Erfahrungen -, dass hierzu vor allem die Erarbeitung von grafischen Funktionsbeschreibungen helfe. Dabei gehe es bei der Planung der Anlagen nicht allein um das Volllastverhalten, sondern insbesondere um das betrieblich viel häufigere Teillastverhalten aller beteiligten technischen Komponenten, um deren betriebliches Zusammenspiel, um Folgeschaltungen beim Hoch‐ und beim Zurückschalten, um eine sorgfältige Planung der Inbetriebnahme einschließlich der dabei notwendigen Vorrichtungen, um die Identifikation und Berücksichtigung der erforderlicher Messstellen, der Parameter und Stellschrauben, um die Installation der Messgeräte und um eine „ein‐eindeutige“ Beschreibung der Steuerfunktionen.

Auch müsse der Betrieb richtig geplant werden: Dabei schaffe die grafische Beschreibung von Steuerungen und Regelungen Klarheit und helfe bei der Überprüfung sowie bei der betrieblichen Optimierbarkeit. Es komme bereits bei der Planung darauf an, Messstellen und Parameter zu ermitteln und vorzugeben, denn die Parameter seien als „Stellschrauben“ die Ansatzpunkte für die betriebliche Optimierung. Die Messstellen lieferten das „Futter“ für die richtige Analyse, lieferten die erforderlichen Daten und seien die Basis für selbstlernende Algorithmen.

Um die Energiekennwerte im gesamten Prozess festschreiben und verfolgen zu können, seien Kenn- und Zielwerte zu definieren und festzulegen; nur so könne die Gesamteffizienz über den gesamten Planungs‐ und Ausführungsprozess sichergestellt werden; das gelte insbesondere auch bei Änderungen von Anforderungen und bei Änderungen in der Ausführung.

Der Planungsingenieur müsse vom Beginn der Planung an die energetische Inbetriebnahme im Auge haben, einen energetischen Inbetriebnahmeplan ausarbeiten und dafür den Einsatz geeigneter Werkzeuge sicherstellen. Denn die energetischen Ziele seien bei der gängigen Inbetriebnahmepraxis leider oft nicht im Blick, weil der Termindruck und der Kostendruck dem entgegenwirkten. Erfahrungsgemäß seien bei der Inbetriebnahme meist nur die Leistungen und nicht der Energieverbrauch der Anlagen im Fokus; auch fehlten oft geeignete Messgeräte sowie die erforderlichen Daten, und die Technik der Gebäudeautomation werde sehr spät installiert.

Schließlich sei es entscheidend, dem Nutzer des Gebäudes aufzuzeigen, welche Möglichkeiten ihm zur Verfügung stünden, um die Anlagen dauerhaft energieeffizient betreiben zu können. Die Planungsingenieure als die „energietechnischen Profis“ könnten ihm dabei wirksam helfen: Sie sollten dem Betreiber die Scheu vor der Anlagentechnik nehmen und ihm die zentralen übergeordneten Steuerfunktionen vorab erklären, dem Betreiber die Werkzeuge zum Verfolgen der energetischen Sollwerte erläutern und sicherstellen, dass der Betreiber die energetischen Funktionen auch wirklich verstanden und akzeptiert hat: Denn nur der Betreiber sowie die Nutzer haben es nach der Inbetriebnahme in der Hand, die vorhandenen Techniken richtig einzusetzen, damit einen energieoptimalen sowie klimafreundlichen Betrieb zu verwirklichen und gleichzeitig einen guten Komfort für die Nutzer des Gebäudes zu erreichen.

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