Familien in
Wohnungslosigkeit II
Bilanzierung der zweiten Förderphase 2023-2024

Ausgangspunkt

Immer häufiger sind Familienhaushalte von Wohnungslosigkeit betroffen. In den letzten Jahren steigt die Zahl der Haushalte mit minderjährigen Kindern und Jugendlichen, die Hilfe in den Einrichtungen und Diensten der Wohnungsnotfallhilfe suchen. Nach Angaben der BAG Wohnungslosenhilfe lebten 2018 bundesweit 21 % der weiblichen und 4 % der männlichen Hilfesuchenden in Haushalten mit minderjährigen Kindern und Jugendlichen.
Fast die Hälfte (46 %) waren alleinerziehende Frauen.

Dabei ist die Unterkunftssituation wohnungsloser Familien alarmierend: Knapp 60 % leben bei Familienangehörigen, Partnern und Bekannten in prekären Mitwohnverhältnissen, 9 % sind in Notunterkünften untergebracht und 11 % sind gänzlich ohne Obdach auf der Straße (BAG Wohnungslosenhilfe 2020). Nach einer Erhebung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales waren 2022 47.200 Kinder und Jugendliche in Notunterkünften untergebracht. Haushalte mit Kindern verbleiben ausgesprochen lange in diesen Unterkünften (BMAS 2023).
Das Ansteigen der Anzahl der Familien, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind oder wohnungslos geworden sind, fordert das Hilfesystem heraus, dass bislang nach wie vor primär auf Einzelpersonen ausgerichtet ist. Es stellen sich komplexe Fragen des Leistungsbezuges und der Entwicklung sogenannter „verbundener Hilfen“ als Kombination von Hilfen aus unterschiedlichen Leistungsbereichen.

Kurzbeschreibung

Im Rahmen des Förderprogramms „Familien in Wohnungslosigkeit“ des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg wurden in einer ersten Förderphase (05.12.2021 – 30.06.2023) Arbeitsansätze zur Prävention von Wohnungslosigkeit von Familien wie auch Arbeitsansätze in der Wohnungsnotfallhilfe an 18 Standorten in Baden-Württemberg gefördert.

Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg hat anknüpfend daran eine zweite Förderphase aufgelegt, in der insbesondere die bisherigen Standorte ihre Arbeit fortführen und weiterentwickeln können sowie 6 neue Standorte dazukommen.

Auch die zweite Förderphase (01.07.2023 – 31.05.2024) wird von der Hochschule Esslingen wissenschaftlich begleitet.  Ziel der wissenschaftlichen Begleitung ist es, Erkenntnisse zur Lebens- und Versorgungssituation von Familien in Wohnungslosigkeit zu gewinnen sowie Aussagen dazu zu treffen, welche Impulse durch das Förderprogramm vor Ort gegeben werden konnten. Das Forschungsprojekt geht von folgendem Familienbegriff aus: Familie ist überall dort, wo Menschen dauerhaft Verantwortung füreinander übernehmen und Sorge tragen. Das beinhaltet alle Konstellationen einer Eltern-Kind-Gemeinschaft, also eheliche und nichteheliche Gemeinschaften, gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften sowie für Alleinerziehende mit ledigen Kindern im eigenen Haushalt, bzw. fremduntergebrachte Kinder.

Familien in Wohnungslosigkeit systematisch zu betrachten, stellt eine bisherige Lücke in der Praxis und Forschung zur Wohnungsnotfallhilfe dar. Deshalb sind die Erkenntnisgewinne aus diesem Förderprogramm von verstärktem Interesse hinsichtlich kommunaler Wohnungs(notfall)politik, Sozialpolitik und weiteren Impulsen der Landesregierung.

Vorgehen der Begleitforschung

Die Begleitforschung beinhaltet fünf Arbeitspakete

  • Arbeitspaket 1: Gruppeninterviews vor Ort an 10 Standorten
  • Arbeitspaket 2: Austauschtreffen für alle Standorte am 18.10.23 an der Hochschule Esslingen 
  • Arbeitspaket 3: Auswertung eines Fragebogens, der allen Standorten Ende 2023 zugeht
  • Arbeitspaket 4: Informationsbroschüre zu Familien in Wohnungsnot, die sich an alle Kommunalpolitiker:innen in Baden-Württemberg richtet
  • Arbeitspaket 5: Abschlussbericht

Laufzeit des Projektes: 01.07.2023 – 31.12.2024

 

Organisationsteam

Die Projektleitung liegt bei Prof. Dr. rer. soc. Claudia Daigler.

Projektmitarbeiterinnen sind Prof. Christel Althaus, Maja Mörgenthaler und Maria Nestele

 

Literaturauswahl

  • Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe – BAG W (Hrsg.) 2021. Hilfen nach §§ 67 ff. SGB XII für Familien in Wohnungsnotfällen, wohnungslos, H. 1, 63. Jg., Berlin
  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.) 2023. Ausmaß und Struktur von Wohnungslosigkeit. Bonn.
  • Daigler, Claudia 2022. Familien in Wohnungslosigkeit – Aspekte an der Schnittstelle von Jugendhilfe und Wohnungslosenhilfe. In Forum Erziehungshilfen, H 4, 28. Jg., S. 208-211.
  • Daigler, Claudia 2024. Familien in Wohnungslosigkeit. Facetten einer unterbelichteten prekären Lebenslage. In Middendorf, Tim und Alexander Parchow (Hrsg.), Junge Menschen in prekären Lebenslagen. Weinheim und Basel, BeltzJuventa, S.133-143.

  • Daigler, Claudia und Maja Mörgenthaler 2024. Familien im Wohnungsnotfall. Anfragen an die Kooperation von Wohnungslosenhilfe und Jugendhilfe. In wohnungslos, Heft 1, S. 20-23.

  • Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung e.V. 2015. Wohnungslosigkeit in Baden-Württemberg, Stuttgart
  • Hämmerle, Maike und Claudia Daigler 2023. Erfahrungen mit Housing First Ansätzen im deutschsprachigen Raum, Synopse. Esslingen(Download als Pdf)
  • Landesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege Baden-Württemberg 2022. Familien in Wohnungslosigkeit. Hinweise und Empfehlungen zur Verbesserung der Situation von Familien in Wohnungslosigkeit. Positionspapier.
     

Kontakt

Maja Mörgenthaler, Tel: 0711 397-4599. Das Büro ist in der Regel Dienstags ganztägig besetzt.

E-Mail: projekt-SABP-Familien-in-Wohnungslosigkeit[at]hs-esslingen.de

 

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