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spektrum 46/2018
BLICKPUNKT
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Unter Berücksichtigung des gesamten Produktlebenszyklus-
ses, also neben der Nutzung auch die Rohstoffgewinnung,
die Verarbeitung, die Produktion und das Recycling, zeichnet
sich neben einem erhöhten Energieaufwand insbesondere ein
erheblicher Anteil an kritischen Rohstoffen in elektrifizierten
Antriebskonzepten ab.
EINIGE (ROH-)STOFFGESCHICHTEN DER ANTRIEBE
Für die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien werden Lithium
und Kobalt benötigt. Kobalt wird hauptsächlich in der Demokrati-
schen Republik Kongo unter unkontrollierten Arbeitsbedingungen
in einer politisch instabilen Region abgebaut und in China weiter-
verarbeitet. Lithium wird zwar zu großen Anteilen in Südamerika
gefördert, findet seinen Weg in die Produkte über China und/oder
Japan und Südkorea.
Im Bereich der Magnetproduktion für permanenterregte Syn-
chronmaschinen ist China marktbestimmend, da hier die größten
Ressourcen vorzufinden sind und mit Abstand auch die höchsten
Förderquoten. Weiterhin findet die Herstellung von Metallen aus
Seltenen-Erden-Oxiden fast ausschließlich in China statt.
Das für die Halbleiter des Leistungselektronik verwendete Silizi-
um ist zwar das zweithäufigste Element der Erdkruste und gilt als
nicht kritisch. Jedoch muss der hohe Ressourcen- und Energie-
aufwand, unter denen es hergestellt wird, berücksichtigt werden.
Vor allem das hochreine Silizium, das den Qualitätsstandards der
Halbleiterindustrie genügen muss, ist davon betroffen.
Es zeigt sich für alle wichtigen Komponenten eines elektrischen
oder elektrifizierten Antriebsstrangs eine Rohstoff- beziehungs-
weise Bauteilabhängigkeit von chinesischen Lieferanten und Her-
stellern. Gleichzeitig fördert das Bewusstsein dieser Kritikalität
die Forschung und Entwicklung neuer/alternativer Technologien
(Abbildung 4).
Einen Weg aus Rohstoffabhängigkeiten zeigt der Umgang mit
Platin in verbrennungsmotorischen Antrieben auf, wie die Ab-
hängigkeit von kritischen Rohstoffen stark reduzieren werden
kann – durch Recycling. In Katalysatoren moderner Abgasnach-
behandlungsanlagen befinden sich Platingruppenmetalle bis in
den zweistelligen Grammbereich. Da sowohl beim Recycling als
auch bei der Primärförderung ähnliche Prozesse stattfinden, die
WIE FAHREN WIR IN (DIE) ZUKUNFT? –
EINE KRITISCHE BETRACHTUNG DER ROHSTOFFE
MICHAEL AUERBACH, GREGOR ROTTENKOLBER
Durch diese Art von synthetischen Kraftstoffen, aber auch durch
biogene Kraftstoffe der ersten und zweiten Generation, kann der
Verbrennungsmotor ein wichtiger Baustein der Energiewende
sein. Denn auch hier entscheidet, wie beim batterieelektrischen
Fahrzeug, der Ursprung des Kraftstoffs über die CO
2
-Bilanz. Die
Firma Audi setzt heute schon mit ihrem Power-to-Gas-Programm
„g tron“ auf ein solches Konzept, das eine CO
2
-Reduktion von
80% verspricht. Andere Projekte wie „GoBiGas“ des schwedi-
schen Energiekonzerns „Göteborg Energi“ stecken noch in der
Pilotphase, versprechen aber kommerziell nutzbare Anlagen zur
Vergasung von Biomasse im Bereich von 80-100MW.
Abb. 3: Möglichkeiten CO
2
-neutraler Mobilität. (Quelle: Alexander Heintzel: „Wirre Wen-
de – Verspielt Deutschland bei der Mobilitätswende die Klimaziele?“, ATZ, 02/2018)
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