CMI-Studie 2021/23 IQS – Innovation/Qualität/Synergie

Überblick

Agil durch Innovation – Stark durch Qualität – Exzellent durch Synergie

Das Institut für Change Management und Innovation (CMI) führt im Rahmen eines Dissertationsprojektes eine deutschlandweite, branchenübergreifende Forschungsarbeit durch.

Es gibt wohl kein Unternehmen, das nicht auf die beiden Erfolgsfaktoren Innovation und Qualität setzt. Hierbei kommen vielseitige Managementkonzepte zum Einsatz, um diese beiden Erfolgsfaktoren zu stärken und kontinuierlich auszubauen. Ob TQM, ISO-Zertifizierung, Six Sigma, Kaizen, SCRUM, Agile Management oder Design Thinking; die Liste der Methoden, um Unternehmen zur „Business Excellence“ zu führen, ist lang (vgl. Brown und Wyatt, 2010). Im Zusammenwirken der Innovationsfunktion einerseits und der Qualitätsfunktion andererseits entwickelt sich damit ein Spannungsfeld zwischen Ideenreichtum und Perfektion.

Wie also wirken die eingesetzten Methoden und Arbeitsweisen auf den jeweils anderen Funktionsbereich? Hemmen beispielsweise Qualitätsmanagementpraktiken und -methoden die Innovationskraft eines Unternehmens? Verleiten neuartige, agile Managementkonzepte wie SCRUM, TRIZ oder Design Thinking die Produktentwicklung dazu, weniger auf die Qualität der Neuprodukte zu achten? Neben diesen möglicherweise negativen Wirkungsmechanismen soll untersucht werden, unter welchen Bedingungen Synergieeffekte zwischen den beiden Unternehmensfunktionen entstehen, welche einen wechselseitig positiven Einfluss auf die Innovations- und die Qualitätsperformance haben. In vielen Konzernen werden Synergien nicht genutzt. Der Grund: „Viele Führungskräfte haben ein verengtes Synergieverständnis und verfügen nicht über die notwendigen Kompetenzen“ (Müller-Stewens und Brauer, 2010, S.30).

Das Zusammenspiel der Innovations- und der Qualitätsfunktion ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für die Leistungsfähigkeit von Neuprodukten.

Robert Cooper und Elko Kleinschmidt stellen fest, dass Unternehmen mit einem „high-quality new product process“ wesentlich erfolgreicher sind als andere und eine wirksame cross-funktionale Kooperation den Entwicklungsprozess positiv unterstützt (vgl. Voss, 1994; Cooper und Kleinschmidt, 2007; Calantone und Di Benedetto, 2012). Die Anforderungen an den Produktentstehungsprozess (PEP) sind dabei klar: Eine schnelle Entwicklung von qualitativ hochwertigen Produkten zu möglichst geringen Kosten (vgl. Cauchick-Miguel, 2007; Wang et al., 2014, 2017; Wu et al.,2017).

 

Motivation

"Wir sind aktuell eine der stärksten Forschungsnationen der Welt."

Dies sagte Bundesministerin Anja Karliczek (2019) in der Haushaltsdebatte 2020 des Deutschen Bundestages. Und es ist tatsächlich so. Deutsche Unternehmen investieren stark in Forschung und Entwicklung – die Schornsteine der Denkfabriken rauchen auf Hochtouren. Aktuelle Daten des Statistischen Bundesamtes belegen, dass Unternehmen nie zuvor mehr Geld für Innovationen ausgegeben haben (Destatis, 2020). Andererseits nehmen Qualitätsprobleme in der deutschen Wirtschaft ebenso rasant zu. Besonders im Automobilsektor kämpfen Unternehmen mit traurigen Rekorden in Sachen Rückrufaktionen (Pankow, 2017). Innovation und Qualität sind jedoch ausschlaggebende Wettbewerbsfaktoren (vgl. Cauchick-Miguel, 2007; Anttila und Jussila, 2018, S.2). Die gleichzeitige Erfüllung beider Anforderungen stellt für Unternehmen offensichtlich eine Herausforderung dar. Aufgrund des zunehmenden Wettbewerbsdrucks und der schnell wachsenden Märkte muss der Innovationsprozess immer effizienter werden, um die Markteinführungszeit für neue Produkte und Geschäftsmodelle bei gleichzeitig hoher Leistungsqualität zu verkürzen. Dieses Spannungsfeld rückt verstärkt in den Fokus von Unternehmen (vgl. Morgan et al., 2001, S.89).

Die schnelle Anpassung an Kundenanforderungen und ein erhöhter Wettbewerbsdruck bei einer immer komplexeren und variantenreicheren Produktlandschaft stellt Unternehmen vor große Herausforderungen (vgl. Jochem, 2019, S.1). Die Fähigkeit zur schnellen Anpassung und Veränderung ist für Unternehmen existenzentscheidend (Calantone et al.,2014; Santos-Vijande, et al., 2016). Zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit ist daher die Innovationsperformance deutlich stärker ins Blickfeld der Unternehmen und auch in den Fokus der empirischen Forschung gerückt (vgl. Escrig-Tena et al., 2018; Blank und Naveh, 2017; Bourke und Roper, 2017). Dabei sind innovative Produkte allein kein Garant für einen nachhaltigen Unternehmenserfolg. Denn die Erfüllung von Qualitätsmerkmalen hat sich zu einem Hygienefaktor entwickelt, der nicht außer Acht gelassen werden darf (vgl. Vahs et al., 2019, S.12).

Unternehmen stehen somit immer öfter vor einem Balanceakt zwischen Kreativität, Geschwindigkeit und Perfektion.

Ziele

Die Forschungsarbeit verfolgt neben dem theoretischen Forschungsziel zur Bestimmung und Erklärung von Erfolgsfaktoren zur Entfaltung von Synergiepotentialen zwischen der Innovations- und der Qualitätsfunktion ebenso ein pragmatisches Forschungsziel (vgl. Chmielewicz,1994). Praxisorientierten Handlungsempfehlungen sollen es Unternehmen ermöglichen, Synergiepotenziale zwischen der Innovations- und der Qualitätsfunktion besser bewerten zu können und systematisch weiterzuentwickeln. So soll unter anderem dargestellt werden, in welcher Form die Qualitätsfunktion in einen agilen Produktentstehungsprozess eingebunden werden kann, um Risiken von Qualitätsdefiziten auch bei kurzen Entwicklungszyklen zu verringern und somit die Neuproduktperformance (NPP) nachhaltig zu steigern. Hierzu soll im Vorfeld ein theoretisches Ursachen-Wirkungsmodell entwickelt und empirisch untersucht werden.

Der Fokus der Arbeit liegt deshalb auf der Ableitung von möglichst konkreten Handlungsempfehlungen und der Entwicklung eines Modells zur Evaluation von Synergiepotenzialen in Unternehmen!

 

Zur Beantwortung der forschungsleitenden Fragen und Hypothesen ist eine Multimethodenforschung mit folgendem Forschungsgang vorgesehen:

1) Systematische Literaturanalysen.

2) Ableitung eines explorativen Interviewleitfadens, Tiefeninterviews.

3) Konzeption eines Kausalmodells.

4) Quantitative Datenerhebung in Form eines Onlinefragebogens. (n≥100).

5) Statistische Auswertung und Interpretation; Ableitung eines Interviewleitfadens.

6) Qualitative Datenerhebung in Form von Experteninterviews zur Validierung.

Produktlebenszyklen, wachsende Kundenanforderungen, das Aufkommen neuer Wettbewerber sowie ein schneller technologischer Wandel sind für viele Unternehmen ein signifikanter Unsicherheitsfaktor. Seit einigen Jahren versuchen Unternehmen dem mit agilen Managementkonzepten entgegen zu wirken.

Durch eine fortlaufende Validierung der Entwicklungsfortschritte in kurzen Entwicklungsintervallen kann auf Veränderungen im Marktumfeld flexibler reagiert und das Produkt an neue Ausgangssituationen angepasst werden. Interdisziplinarität spielt in diesen neuen Entwicklungsmethoden eine wichtige Rolle. Und so bekommt auch das Zusammenspiel von Innovation und Qualität im Produktentstehungsprozess eine ganz neue Bedeutung – Agile Managementmethoden als Chance für Innovation und Qualität.

Die Forschungsidee liegt infolgedessen darin, die Erfolgsfaktoren zur Entwicklung und zielwirksamen Nutzung von Synergieeffekten zwischen der Innovations- und der Qualitätsfunktion zu identifizieren und mögliche Barrieren transparent darzustellen. Ebenso sollen die Wirkungszusammenhänge der Synergieeffekte auf die Neuprodukt-performance NPP untersucht werden. Die NPP setzt sich dabei aus den beiden Dimensionen der Neuproduktqualität NPQ und der Neuproduktentwicklungsgeschwindigkeit NPG zusammen (vgl. Wu et al., 2020).

Im Forschungsblock 1 „Literaturrecherche“, konnten durch systematische Literaturanalysen ein umfassender Stand der Forschung ausgewertet und dargestellt werden. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse vorangegangener Studien stellten die Grundlage für die Ableitung der Forschungsfragen, Hypothesen und der darauf aufbauenden weiteren Forschungsblöcke dar.

Der Forschungsblock 2 „Qualitative Datenerhebung“ wurde erfolgreich zum Abschluss gebracht. Hierzu hat das Studienteam von Anfang Februar bis Mitte März 2021, über 54 Tiefeninterviews mit Unternehmen geführt. In den darauf folgenden Wochen hat das Forscherteam die gesammelten Daten und Informationen akribisch ausgewertet und damit die Basis für die weiteren Forschungsaktivitäten gelegt.

Derzeit befindet sich das Forschungsprojekt am Ende des dritten Forschungsblocks „Quantitative Datenerhebung“. Insgesamt haben über 124 Unternehmen an der deutschlandweiten Onlinebefragung teilgenommen. Die Befragung fand in einem Zeitraum von November 2021 bis Januar 2022 statt. Derzeit werden die Daten statistisch aufbereitet und ausgewertet.

Ausblick: Q 3,4 (2022) - Forschungsblock 4 „Modellentwicklung“:

Auf Grundlage der gewonnenen Forschungsergebnisse, werden in den kommenden Monaten, Modelle für die Unternehmenspraxis abgeleitet und entwickelt. Diese Modelle sollen einen wertvollen Beitrag für Praxis und Wissenschaft leisten. Im Anschluss daran werden alle Forschungsinhalte in einem Ergebnisbericht zusammengefasst und den Studienteilnehmern zur Verfügung gestellt.

Wir danken an dieser Stelle allen Interviewpartnern und Online-Teilnehmern für die großartige Unterstützung und die Zeit die Sie sich genommen haben.

Bei Rückfragen oder Interesse zur IQS-Studie, wenden Sie sich gerne an die Forschungsleitung:

 

Michael Dunst (M.Sc.)

Institut für Change Management und Innovation (CMI)

Fakultät Wirtschaft und Technik

 

E-Mail: michael.dunst[at]hs-esslingen.de

http://www.cmi.hs-esslingen.de

 

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